Mit Komplimenten das Klassenklima verändern

Eine Gruppe von Kindern, von denen ein Kind besonders stolz ist

Worte haben Macht – insbesondere in der sensiblen Umgebung des Klassenzimmers. Die Art und Weise, wie Lehrkräfte und Schüler:innen miteinander kommunizieren, prägt das soziale Klima und beeinflusst sowohl das individuelle Wohlbefinden als auch die kollektive Dynamik einer Klasse. So ist es kein Wunder, dass man mit Komplimenten das Klassenklima verändern kann.

Der Impuls zu diesem Blogartikel geht auf eine Blogparade der Psychologin Jutta Büttner zurück. Danke für diesen Anstoß über Komplimente nachzudenken.

Gedanken zu Komplimenten

Die Bedeutung von Komplimenten: Positive Rückmeldung, Anerkennung, Wertschätzung und die Kunst des Lobens.

Komplimente

Das Wort „Kompliment“ hat in unserer Gesellschaft einen ambivalenten Ruf. Einerseits wird es als freundliche Geste angesehen, die Wertschätzung und Anerkennung ausdrückt. Andererseits haben Komplimente in manchen Kontexten einen negativen Beigeschmack. Sie werden mitunter als oberflächlich oder gar als Mittel zur Manipulation wahrgenommen, besonders wenn sie unehrlich oder übertrieben wirken. Diese Skepsis gegenüber Komplimenten kann dazu führen, dass Menschen zögern, sie auszusprechen – aus Angst, missverstanden zu werden oder als unaufrichtig zu erscheinen.

Anerkennung und Wertschätzung

Die Begriffe „Anerkennung“ und „Wertschätzung“ haben im Vergleich zu „Kompliment“ oft einen höheren Stellenwert in unserer Sprache. Sie klingen tiefgründiger und authentischer, da sie ein echtes Interesse und eine langfristige Haltung der Wertschätzung suggerieren. Anerkennung wird in der Regel mit konkreten Leistungen in Verbindung gebracht, während Wertschätzung eine grundsätzliche Haltung gegenüber einer Person ausdrückt, unabhängig von deren Handlungen.

Allerdings liegt in der Einfachheit des Kompliments auch eine Stärke. Ein Kompliment ist eine direkte und oft spontane Form des Lobes, die sofort eine positive Wirkung entfalten kann. Es erfordert keine umfassende Reflexion, sondern kann als kleine, aber wirkungsvolle Geste im Alltag wirken.

Haben wir verlernt, Komplimente zu geben?

In einer Welt, in der soziale Interaktionen immer schneller und oberflächlicher werden, scheint die Kunst des Komplimentegebens tatsächlich etwas in Vergessenheit geraten zu sein. Oftmals sind wir so sehr auf Leistung und Kritik fokussiert, dass wir die einfachen, positiven Rückmeldungen übersehen. Dabei sind es gerade diese kleinen Gesten, die das Miteinander verbessern und das Selbstwertgefühl stärken können.

Es ist auch möglich, dass viele Menschen unsicher geworden sind, wann und wie sie Komplimente geben sollen. In einer Zeit, in der Authentizität und Ehrlichkeit hoch im Kurs stehen, mag es schwierig erscheinen, Komplimente zu machen, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, dass sie unehrlich oder floskelhaft sind. Doch genau hier liegt die Herausforderung: Wir sollten lernen, wieder ehrliche und wohlüberlegte Komplimente zu geben, die mehr als nur leere Worte sind.

Die Kunst des aufrichtigen Kompliments

Ein wirklich wirkungsvolles Kompliment ist spezifisch, ehrlich und aus dem Herzen kommend. Es sollte sich auf konkrete Handlungen oder Eigenschaften beziehen und zeigen, dass derjenige, der das Kompliment macht, wirklich aufmerksam ist. Wenn wir wieder lernen, solche Komplimente zu geben, können sie eine mächtige Kraft zur Stärkung von Beziehungen und zur Förderung einer positiven Atmosphäre sein.

Auch das „Kompliment“ hat seinen Platz in unseren Beziehungen, wenn es ehrlich und von Herzen kommt. Vielleicht sollten wir uns darauf besinnen, wie einfach und effektiv es sein kann, mit einem Kompliment Freude und Bestätigung zu schenken. In einer Welt, die oft von Kritik und Leistungsdruck dominiert wird, kann ein kleines Kompliment einen großen Unterschied machen.

7 Komplimente auf Schüler:innen-Ebene

1. „Ich finde es toll, wie du immer bereit bist, anderen zu helfen, wenn sie Schwierigkeiten haben.“

2. „Deine Kreativität ist beeindruckend. Deine Ideen bringen immer frischen Wind in unsere Projekte.“

3. „Du bist super geduldig und hörst dir immer die Meinungen anderer an, bevor du deine Entscheidung triffst.“

4. „Ich bewundere, wie du dich trotz Herausforderungen nie entmutigen lässt und immer weiter machst.“

5. „Du bist eine sehr gute Zuhörerin. Es tut gut, mit dir über Dinge zu sprechen, weil du wirklich verstehst.“

6. „Ich schätze deine Ehrlichkeit. Du sagst immer, was du denkst, und das hilft uns, klare Entscheidungen zu treffen.“

7. „Deine positive Einstellung ist ansteckend. Du schaffst es, auch in stressigen Zeiten die Stimmung aufzuhellen.“

Die Psychologie hinter Komplimenten

Komplimente sind mehr als nur nette Worte; sie sind ein mächtiges psychologisches Werkzeug. Studien in der Sozialpsychologie zeigen, dass positive Rückmeldungen und Anerkennung das Selbstwertgefühl stärken und das Gefühl der Zugehörigkeit in sozialen Gruppen fördern. Besonders bei Kindern und Jugendlichen, deren Selbstkonzept noch in der Entwicklung ist, können Komplimente den Glauben an die eigenen Fähigkeiten und die eigene Wertigkeit nachhaltig beeinflussen.

Komplimente fungieren zudem als sozialer Klebstoff, der die Bindungen innerhalb einer Gruppe stärkt. Sie schaffen eine Atmosphäre der Wertschätzung und des gegenseitigen Respekts, die dazu beiträgt, dass Schüler:innen sich sicher und akzeptiert fühlen. Dieser soziale Zusammenhalt ist ein entscheidender Faktor für ein positives Klassenklima und kann dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche sich aktiver am Unterricht beteiligen und motivierter sind.

Wirkung von Komplimenten auf das Klassenklima

Wenn Schüler lernen, sich gegenseitig zu loben und zu schätzen, entsteht eine Kultur der Anerkennung, die Mobbing und Ausgrenzung entgegenwirkt und das Auftreten von Konflikten verringert. Studien zeigen, dass Schüler, die regelmäßig positive Rückmeldungen erhalten, weniger anfällig für aggressives Verhalten sind und eher dazu neigen, ihre Mitschüler zu unterstützen. Es funktioniert also tatsächlich, mit Komplimenten das Klassenklima zu verändern.

Allerdings ist darauf zu achten, dass es ehrliche und keine vergifteten Komplimente sind.

Die Übung „Warme Dusche“

Diese Übung wird auch „Komplimentedusche“ genannt.

Sie ist eine besonders wirkungsvolle Methode, um positive Kommunikation in der Klasse zu fördern. Deshalb bietet sie eine strukturierte Möglichkeit, dass Schüler:innen sich gegenseitig positive Rückmeldungen geben und damit das Gemeinschaftsgefühl stärken.

Was ist die „Warme Dusche“?

Die „Warme Dusche“ ist eine Übung, bei der Schüler:innen in einem geschützten Rahmen Komplimente austauschen. Eine Schülerin oder ein Schüler erhält von den Mitschüler:innen positive Rückmeldungen. Diese Übung ermöglicht es, die eigenen Stärken und die der Mitschüler:innen wahrzunehmen und anzuerkennen.

Ablauf der Übung

1. Vorbereitung: Die Schüler:innen setzen sich in einen Kreis, und eine Schülerin oder ein Schüler wird in die Mitte gebeten. Es ist wichtig, eine ruhige und respektvolle Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen.

2. Durchführung: Die Mitschüler:innen geben nacheinander Komplimente oder positive Rückmeldungen an die Schülerin oder den Schüler in der Mitte. Dabei kann die Lehrkraft den Schüler:innen helfen, auf spezifische Eigenschaften oder Leistungen einzugehen, um sicherzustellen, dass die Komplimente authentisch und bedeutungsvoll sind.

3. Es empfiehlt sich, dass nicht alle Schüler:innen hintereinander die Warme Dusche erhalten. Besser ist es eine ausgewählte Stunde in der Woche zu nutzen, und jeweils 5 Schülerinnen die Komplimentedusche zukommen zu lassen. Bevor dann nächste Woche die nächsten Schüler:innen ihre Komplimente erhalten können. Oder die Dusche wird an den Geburtstag gekoppelt. Oder an eine andere Reihenfolge, die vorher festgelegt wird.

4. Nachbesprechung: Nachdem jede:r Schüler:in seine Rückmeldungen erhalten hat, findet eine Reflexionsrunde statt. Die Schüler:innen können darüber sprechen, wie sie die Übung erlebt haben und welche Wirkung die Komplimente auf sie hatten.

Tipps für die erfolgreiche Durchführung

Authentizität fördern: Ermutige die Schüler, ehrlich und konkret zu sein, anstatt allgemeine oder übertriebene Komplimente zu machen.

Regelmäßigkeit: Integriere die „Warme Dusche“ regelmäßig in den Unterrichtsalltag, um eine Kultur der Anerkennung aufzubauen.

Wertschätzung statt Wettbewerb: Achte darauf, dass die Übung nicht zu einem Wettbewerb wird, bei dem es darum geht, die meisten Komplimente zu erhalten. Der Fokus sollte auf gegenseitiger Wertschätzung liegen.

7 Komplimente auf Lehrkräfte-Ebene

Ich kenne auch Kollegien in Kitas (und Schule), die das Ritual der Warmen Dusche auch auf der Erwachsenen-Ebene nutzen. Auch hier verändert sich durch die Übung das Klima im Umgang miteinander. Auch wenn es anfangs gewöhnungsbedürftig anmuten mag, die Übung tut auch auf der Erwachsenen-Ebene seehr gut.

1. „Ich bewundere, wie geduldig und einfühlsam du mit den Kindern umgehst, selbst in stressigen Situationen.“

2. „Deine kreative Herangehensweise an die Gestaltung der Lernumgebung macht einen großen Unterschied im Alltag der Kinder.“

3. „Ich schätze deine Fähigkeit, jedes Kind individuell zu fördern und seine Stärken zu erkennen.“

4. „Du bringst so viel positive Energie in den Klassenraum, und das merkt man daran, wie gerne die Kinder zu dir kommen.“

5. „Deine klare und freundliche Kommunikation mit den Eltern ist ein wichtiger Baustein für die gute Zusammenarbeit.“

6. „Ich finde es großartig, wie du immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Bedürfnisse der Kinder hast.“

7. „Dein Engagement und deine Leidenschaft für deine Arbeit sind inspirierend und machen unser Team stärker.“

Erfahrungsberichte

„Seit wir die ‚Warme Dusche‘ in unserer Klasse eingeführt haben, hat sich das Selbstbild vieler Schülerinnen und Schüler deutlich verbessert. Vor allem die zurückhaltenderen Kinder haben an Selbstvertrauen gewonnen und beteiligen sich jetzt viel aktiver am Unterricht. Es ist schön zu sehen, wie diese Übung die Klassengemeinschaft stärkt und alle lernen, sich gegenseitig wertzuschätzen.“

Martina K., Grundschullehrerin

„Mit Komplimenten das Klassenklima verändern. Ich war überrascht, dass das funktioniert. Und wie positiv sich die ‚Warme Dusche‘ auf die Dynamik in meiner Klasse ausgewirkt hat. Schüler, die früher kaum miteinander gesprochen haben, gehen jetzt viel respektvoller und offener miteinander um. Die Übung hat ihnen geholfen, einander besser zu verstehen und Empathie zu entwickeln. Die Atmosphäre im Klassenzimmer ist dadurch deutlich harmonischer geworden.“

Marco B., Lehrer einer 5. Klasse

„Die ‚Warme Dusche‘ war ein echter Wendepunkt für unsere Klasse. Vorher gab es immer wieder kleinere Konflikte und Spannungen, aber seit wir die Übung regelmäßig machen, hat sich das Verhalten der Schüler:innen stark verbessert. Sie unterstützen sich gegenseitig viel mehr, und die positive Stimmung ist einfach ansteckend. Es ist wirklich beeindruckend, wie eine so einfache Methode so viel bewirken kann.“

Anja M., Erzieherin an einer Grundschule

Weitere Möglichkeiten für den Schulalltag

Um mit Komplimenten das Klassenklima zu verändern, können Lehrkräfte verschiedene weitere Strategien in den Unterricht integrieren.

🌞 Ein wöchentliches „Komplimente-Ritual“: Jeden Freitag kann eine kurze Runde stattfinden, in der Schüler:innen die Woche reflektieren und darauf aufbauend Komplimente austauschen. Jede Woche kann dazu ein anderer Satzanfang genutzt werden:
„Diese Woche möchte ich mich bei x bedanken, weil …“
„Mir hat diese Woche besonders gut gefallen, dass …“
„Ich war sehr froh, dass …“

🌞 Das „Lob-Tagebuch“. Die Schüler:innen führen ein Tagebuch, in dem sie jeden Tag eine positive Sache über den Tag oder über eine:n Mitschüler:in notieren. Dies fördert nicht nur positive Gedanken, sondern auch die Achtsamkeit gegenüber den Stärken anderer.

🌞 Die „Komplimenteklammer“ als symbolisches Objekt, das von Schüler:in zu Schüler:in weitergereicht wird, begleitet von einem ehrlichen Kompliment. Am Ende der Woche soll sie bei allen Schüler:innen gewesen sein. Sie wird dann, gefüllt mit all der positiven Kraft, wieder an die Pädagogin zurückgegeben. Bei dieser Übung muss die Klasse zusätzlich noch „aufpassen“, welchen Weg die Klammer nimmt und bei welcher Person sie noch nicht war.

🌞 Die „freundlichen 10 Minuten“ können durchgeführt werden, wenn gerade mal Zeit dafür ist. In diesen 10 Minuten dürfen die Schüler:innen tatsächlich nur von positiven Sachen erzählen, die sie erlebt haben oder die sie bewegen.

🌞 Und schließlich haben wir ja auch die Anfangsrunde beim Klassenrat als positive Runde, in der all diese hier erläuterten Formate integriert werden können.

Fazit

Komplimente sind ein einfaches, aber äußerst wirksames Mittel, um das Klassenklima positiv zu beeinflussen. Durch gezielte Übungen wie die „Warme Dusche“ können Lehrer eine Atmosphäre der Wertschätzung und des Respekts schaffen, die nicht nur das Lernen, sondern auch die sozialen Bindungen in der Klasse fördert. Es liegt in den Händen der Lehrkräfte, diese positive Dynamik in ihren Unterricht zu integrieren und so die Grundlage für eine harmonische und unterstützende Klassengemeinschaft zu legen. Deshalb: Mit Komplimenten das Klassenklima verändern!

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🌻 Hast du weitere Ideen, wie die Schüler:innen im Schulkontext an Komplimente herangeführt werden könnten? Schreibe mir dies unbedingt in die Kommentare.

🌻 Und wem gibt du gleich noch heute ein Kompliment? Schreib auch dies gerne in die Kommentare, damit wir uns mitfreuen können.

🌻 Ich freue mich von dir zu lesen,
🌻 sagt Christa

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2 Antworten

  1. Liebe Christa,

    ein wunderbarer Brückenschlag vom einfachen spontanen Komplimenten zur warmen Komplimenten-Dusche, um in der Schule die Atmosphäre zu verändern. Wenn dann noch das Kollegium sich gegenseitig feiert, dann würde ich gerne in dieser Schule sein.

    Herzliche Grüße

    Jutta

    1. Hallo Jutta,

      da kann ich dir aus vollstem Herzen zustimmen,
      denn das geht mir ganz genauso.

      Ich drücke die Daumen, dass mehr Schulen diesen Weg gehen.
      Dir nochmals besten Dank für deinen Impuls in der Blogparade.
      Beste Grüße von Christa

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