Wenn ich die Gesamtheit einer Schulklassen betrachte, so sind dort viele Individuen und Persönlichkeiten „versammelt“. Es sind Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Familien mit vielfältigen Erfahrungen, Lebensentwürfen, Meinungen und teilweise verschiedenen Wertevorstellungen. Die Verbindung zwischen den Schüler:innen kann ganz unterschiedlich sein. Sie können sich füreinander interessieren oder sich egal sein. Sie können miteinander in ein gutes Gespräch gehen oder eher Beleidigungen austauschen. Sie können sich gegenseitig achten oder verachten. All das hat Auswirkungen auf das Klassenklima.
Inhalt
Das Klassenklima meint die Art der Beziehungen in der Klasse
- zwischen den Schüler:innen
- zwischen Pädagog:innen und Schüler:innen
Klassenklima als individuelles und kollektives Phänomen
Jedes Mitglied der Klassengemeinschaft erlebt und bewertet das Klassenklima anders. Einige Schüler:innen werden das Klima als gut empfinden, weil sie sich in einer sich gut verstehenden Untergruppe bewegen. Ein Außenseiter bzw. Außenseiterin in der Klasse wird dem Klassenklima eine schlechte Note geben, weil er bzw. sie keinen Anschluss findet. Fragt man die Gesamtheit aller Mitglieder der Klassengemeinschaft nach einem allgemeinen durchschnittlichen Wert, so erhält man die kollektive Einschätzung des Klassenklimas, die in einigen Fälle immens von der individuellen Einschätzung abweichen kann.
Wird das Klassenklima als mehrheitlich positiv erlebt, so sind die Sozialen Beziehungen unkompliziert und das Lernklima positiv. Ist das Klassenklima negativ, so ist der Umgang miteinander schwierig und viele Schüler:innen haben ihre Gedanken eher bei der Problem- und Konfliktbewältigung als bei der Konzentration auf dem Lernstoff.
Ein starkes „WIR-Gefühl“ für ein gutes Klassenklima
Auch wenn einige Leser:innen den Begriff des WIR-Gefühls als antiquiert auffassen sollten, so finde ich ihn persönlich gerade für unsere heutige Zeit sehr passend. WIR-Gefühl, das ist:
- Zusammenhalt
- Team-Gefühl
- Gruppenkohäsion
- Gruppenbindung
- Gemeinschaftsgefühl
- Zusammengehörigkeitsgefühl
Das WIR-Gefühl betont die Dichte bzw. der Stärke in den Beziehungen der verschiedenen Mitglieder einer Klasse. Es hat Auswirkungen auf das gesamte Gruppensystem und die Gruppendynamik.
Ein gesundes positives WIR-Gefühl führt zu einem gutes Miteinander und einer guten Lernatmosphäre im Klassen- und Schulkontext. Es gibt jedoch auch ungute Gruppenphänomene wie den Gruppendruck oder den Gruppenzwang, die durch ein starkes aber ungesundes WIR-Gefühl hervorgerufen werden können.
Das WIR ist ein Grundbedürfnis
Der Neuropsychologe Gerald Hüther spricht diesbezüglich von den zwei in jedem Menschen schlummernden Grundbedürfnissen: Dem Bedürfnis nach Verbundenheit (dem WIR) und dem Bedürfnis nach Autonomie, also Freiheit. Beide Bedürfnisse sind bereits im Mutterleib angelegt und wollen erfüllt werden. Werden sie nicht befriedigt, so kann man dies sogar im Hirnscan sehen im Schmerzbereich sehen.
„Unser größtes Problem ist, dass wir glauben, wir existierten als Einzelwesen. Dadurch vergessen wir, wie sehr wir andere Menschen brauchen, um das zu lernen, was wir heute können.“
Gerald Hüther
Dem Gehirn ist es also genauso wichtig, dass im Körper alles zusammenpasst, wie es ihm wichtig ist, dass im sozialen Bereich alles in Ordnung ist. Ist unser Bedürfnis nach Verbundenheit nicht erfüllt, so wird dies oft als „Heim-Weh“ tituliert. Vermissen wir die Bedürfniserfüllung von Freiheit, so benennen wir dies mit dem Gefühl des „Fern-Weh“.
Wir Menschen sind Soziale Wesen. Wir brauchen ein WIR, um glücklich sein zu können. Dies bedeutet:
- Gegenseitige Wertschätzung
- Gelingende Kommunikation
- Kooperative Konfliktlösungen
- Wachstum und Potentialentfaltung
Mir liegt das WIR-Gefühl einer Klasse sehr am Herzen
Deshalb habe ich im letzten Jahr das „Gratis WIR-Gefühl“ ins Leben gerufen und rufe von Zeit zu Zeit zu einer WIR-Challenge im Klassenraum aus. Die teilnehmenden Pädagog:innen erhalten in verschiedenen Mails Aufgaben und Übungen, die sie mit ihrer Klasse zur Stärkung des WIR-Gefühls praktizieren können. Der Blick geht dabei vom ICH (also Übungen, in denen Schüler:innen über sich sprechen und nachdenken können) über das DU (Übungen, in denen sich Schüler:innen für eine andere Person interessieren) zum WIR (als Klassengemeinschaft). Die Übungen sind so konzipiert, dass sowohl Grundschüler:innen als auch Schüler:innen der Mittelstufe Spaß an den Übungen haben.
2020 gab es eine künstlerisch angehauchte WIR-Challenge und das Weihnachts-WIR-Gefühl.
2021 startet im April das Frühlings-WIR für den Klassenraum.
Möchtest du beim Frühlings-WIR teilnehmen?
Gleich anmelden und ab dem 10. April 2021 das Gratis-WIR-Gefühl genießen …
Ich freue mich, wenn du dabei bist.
Deine Christa Schäfer